Samstag, 14. Juli 2012

14.7.2012 Yahooo!!! Let's Rodeo!

Howdy guys,
Früh am Morgen besuchen wir den Stampede-Infostand in der Hotel-Lobby. 

Unsere Eintrittskarten haben wir schon im letzten Oktober gekauft. Aber jetzt, da die Stampede näherrückt, sind plötzlich viele, viele Fragen da!
  • Was unterscheidet "the greatest outdoor show on earth" von irgendeinem Provinz-Rodeo?
  • Wann sollte man was unbedingt sehen? 
  • Wieso steht auf unserer Rodeo-Eintrittskarte "Beginn 1:30 pm" und im Programmheft "Beginn 1:15 pm".
  • Und ist das Planwagenrennen ein Programmpunkt unseres Rodeos oder eine separate Veranstaltung?
  • Und sollten wir noch weitere Veranstaltungen buchen?
Die kleine, dicke Dame am Stampedde-Info-Stand ist zuckersüß, sehr aufgekratzt und hilfsbereit. Aber ihre piepsige Stimme ist neben der dröhnenden Stimme ihres benachbarten "Cowboy"-Kollegen nur mit Mühe zu verstehen.
Ihre Informationen sind sehr hilfreich: Wir haben nur eine von vielen, vielen Veranstaltungen der letzten 10 Tage gebucht. "Unser" Rodeo ist keine einmalige Veranstaltung sondern nur ein Wettkampftag innerhalb der täglichen Ausscheidungswettkämpfe. Heute ist der vorletzte Tag, vor dem morgigen Finale. Einige Wettkampf-Sieger werden aber bereits heute feststehen. Wegen der Siegerehrung sollten wir schon mit einer 4 - 5 stündigen Veranstaltung rechnen. Und wir sollten definitiv um 13:15 Uhr auf unseren Plätzen sein. Das musikalische Vorprogramm wäre auf jeden Fall sehenswert!
"But there are so many other Things to see!". Sie schlägt einen Geländeplan vom "Stampede-Ground" auf. Und während sie erzählt kreist sie wirklich jeden farbig markierten Ort auf dem Plan ein, jedes Mal mit einer ausdrücklichen Empfehlung:
Dort sind die Verkaufs-Messehallen, da ist die Kirmes, dort eine "Fresshalle", hier ein Indianerdorf, und da sind regelmäßige Musikveranstaltungen. Da die Austellung mit Western- und Cowboy-Kunst. Ob wir an Landwirtschaft interessiert sind? Hier ist die landwirtschaftliche Ausstellung mit Rindern, Schafen und Schweinen. Ach ja und hier werden landwirtschaftliche Museumsstücke vorgeführt! Nur da brauchen wir nicht hin: Das ist die "Kinderverwahrhalle" (noch ein Kreis um den Ort wo wir nicht hin müssen!). Ob wir schon gefrühstückt hätten? Am "Rope Square" (eigentlich "Olympic-Plaza") gibt es von 10 - 12 Uhr ein Cowboy-Frühstück: "It's for free!". Jetzt werden schon imaginäre Kreise oberhalb des Plans auf die Tischplatte gemalt. Und noch ein paar Linien, weil da und dort und hier finden Umzüge in der Innenstadt statt. Und da noch ein imaginäres Kreuz wegen dem "public Squaredance". Und unterhalb des Plans ein imaginäres Kreuz, wegen eines Zusatz-Feuerwerks am "Heritage Park"! Uns schwirrt der Kopf!!!
Wir stellen vorsichtig die Frage, ob wir irgendwelche zusätzlichen Eintrittskarten kaufen sollten?
Ja selbstverständlich: Das "Chuckwaggon-Race" (Planwagenrennen) wäre ein großer Spaß! Und die "Evening-Show" hätte sie gehört, wäre dieses Jahr besonders gut. Bei Interesses sollten wir aber unbedingt bei Öffnung des Stampede-Grounds, um 11 Uhr, zur Vorverkaufsstelle – noch ein Kreis um ein bereits eingekreistes Gebäude auf dem Plan! Aber unsere Chancen noch Karten zu bekommen umschreibt sie  zartfühlend als "gering".
"Woher kommen sie? - Germany? How lovely! So - welcome to Calgary!!! Was sind sie von Beruf? Betriebsrat! Oh, nice! How interesting!!!". DasGespräch gleitet jetzt irgenwie ab - sooo "nice" ist unser Beruf nun auch nicht. Wenn wir jetzt nicht endlich den Absprung kriegen, können wir direkt wieder aufs Zimmer und unsere Koffer für die Abreise vorbereiten!
 Also: "Dank, Dank, und nochmals Dank!" und raus mit uns.
Versuchen wir es also erst mal mit dem "Breakfast for free". Allerdings mit niedriger Erwartungshaltung - "Wat nix koss', dat taucht auch nix!".
Die Straßenbahn, der "C-Train", ist auf der gesamten Downtown-Strecke umsonst. "Dat (!) koss' zwar nix, taucht aber trotzdem!". Drei Haltestellen später sind wir an der Haltstelle "City Hall", direkt gegenüber vom "Rope Square"/Olympic Plaza.
Schon beim Aussteigen hört man die Bühnenveranstaltung: "Yeehaw und Yahoo", Banjo- und Fiddle-Klänge!
Unsere Erwartungshaltung an das "Breakfast for free" wird nicht enttäuscht. Rund um den "Olympic Plaza " und in den angrenzenden Straßen sind Gulaschkanonen aufgebaut, auf denen fleißige Helfer Pancakes backen und Bacon braten. Vor jedem Stand warten aber auch mindestens 100 Leute darauf, möglichst viel davon abzubekommen! Ist doch überall auf der Welt das gleiche – kaum gibt's was umsonst! Innerhalb einer Blitzsekunde entscheiden wir: Umsonst ist nicht billig genug! Wir kaufen uns lieber unser Frühstück in einem Restaurant!
Ab in die benachbarte "Stephen Avenue", wo sich schon wieder eine Menge Passanten zum Squaredance gefunden hat! Alle tanzen mit sichtlichem Spaß zu den Sing-Sang-Ansagen des "Callers"! Auch wenn nicht jeder Tanzschritt 100%ig sitzt. Squaredance ist wohl eher was für Cowboystiefel, als für Flip-Flops!



Nach dem Frühstück wollen wir mit dem C-Train endlich weiter zum Stampedeground! Aber wir haben keine Chance in die Bahn zu kommen. Die bereits bei Ankunft volle Bahn fährt völlig überfüllt ab und der Bahnsteig ist immer noch voller Menschen. Wir entscheiden uns "un-amerikanisch/un-kanadisch": Wir gehen die 15 Minuten zu Fuß!
Da wir Eintrittskarten für das Rodeo haben, brauchen wir keinen Geländeeintritt zahlen. Wir können an den langen Kassenschlangen vorbei, direkt aufs Gelände.
Das Stampede-Gelände ist unübersichtlich! Trotz Plan mit den vielen Kreismarkierungen der zuckersüßen Info-Dame, fällt uns die Orientierung schwer. Wir wollen zuerst zum Ticketvorverkauf im "BMO"-Gebäude. Die Vorverkaufskasse im "Official Stampede-Shop" finden wir nur mit Unterstützung.
Die Kasse im Stampede-Shop ist im Gewimmel erst gar nicht zu erkennen. Aber da! Da ist doch eine kleine Warteschlange. 10 Leute, nein 15! Nein da geht die Schlange weiter,. Oh Mist die stehen ja in einer Serpentine - dann ist dort wohl das Ende! Beim Näherkommen entpuppt sich das Ende aber nur als kleine Lücke! Das Auge folgt dem Verlauf der Warteschlange, die ewig lange Treppe hoch! Ein Ende ist nicht zu sehen! Mehrere hundert Menschen stehen hier für Tickets an! Da stehen wir ja mindestens 3 Stunden an, nur um dann zu erfahren, dass es nix mehr gibt?!? Das ist ja wie der erste Verkaufstag zur "Lachenden Kölnarena"! Oder als wenn's in der DDR Bananen gab! Dafür ist uns unsere Zeit zu schade! So toll kann keine "Evening-Show" sein!
Bis zum Beginn des Rodeo ist noch rund zwei Stunden hin. Starten wir einfach mal mit der großen Verkaufsmesse hier im "BMO-Centre". Vom Whirlpool zur neuen sensationellen Haarspange, von der Handyhülle bis zum Massagesessel-Monster. Alles da!
Hah! Ein Verkaufsstand für Cowboyhüte. Trotz traditionellem Westernhemd, sind wir ja immer noch fast nackt! Unsere bisherigen Bemühungen in der Stadt waren immer vergebens: Entweder waren uns die Hüte deutlich zu teuer oder sie passten einfach nicht. Hier ist bereits Schlussverkauf. Zum Super-Schnäppchenpreis ergattern wir zwei Hüte im - in Calgary üblichen - Naturweiß. Die passen auf Anhieb! Zwei schicke Hutanstecker "100. Calgary Stampede" gibt's noch geschenkt dazu!
"Yehaaw" – jetzt kann's losgehen!
Am Verkaufsstand eines Wohnmobilverkäufers sind wir fast schon wieder in Kaufstimmung. Wir können endlich eins von diesen "Riesen"-Wohnmobilen von innen besichtigen. Dieses Modell hätte den Namen "MONSTRO-GIGANTO-TRANSFORMER-WEEKEND-WARRIOR" verdient!
Ein großes Wohnzimmer, mit wuchtiger Leder-Couchgarnitur empfängt uns. Natürlich mit Großbildfernseher, darunter ein großer offener Kamin mit elektrischem Flammenbild. Eine geräumige Einbauküche, Typ "Gelsenkirchener Barock", separate Essecke mit 4 Stühlen. Waschmaschine und Wäschetrockner im Flur neben dem Bad. Das Schlafzimmer mit großzügigem "Queensize"-Doppelbett und (natürlich!) Zweitfernseher.
Aber der "Thron" - die Toilette - steht frei im Durchgang, zwischen Küche und Schlafzimmer! Was für ein Stilbruch! Das war ja in unserem diesjährigen Motorhome der Marke "Heckenpenner" intimer gelöst! Nee, gefällt uns nicht! Wir entschließen uns spontan, vom Kauf Abstand zu nehmen  Zwinkerndes Smiley

Obwohl – wir kommen schon wieder ins schwanken! Vor der Tür parkt die passende coole "10 m-Motoryacht" und die schicke PickUp-Zugmaschine im Geländewagenstil. Fürs nachmittägliche Shopping oder fürs abendliche Ausgehen! Ob's das Gesamtpaket als Ausstellungsstück zum Schnäppchenpreis gibt? Nee, egal! Die Überführung ist uns zu teuer und der schockierende Klo-Anblick sitzt noch zu tief!
In der Nachbarhalle werden alle möglichen Monstrositäten als sogenannte "Western- und Country-Kunst" angeboten. Wie wäre es denn mit diesem geschmackvollen Sofa-(Alp)traum für euren repräsentativen "Livingroom"?

Nun müssen wir uns aber langsam Richtung "Grandstand", zur Rodeo-Arena, bewegen. Der Weg kann lang werden, wenn es an jeder Ecke was zu sehen gibt.
Hoch über dem Kirmesgelände kann man an langen Stahlseilen hängend über das Gelände rauschen. Einige gönnen sich den Spaß sogar kopfüber.

 
Eine wesentlich gemütlichere Sessel-Seilbahn überspannt das weitläufige Gelände für die Lauffaulen und Fußkranken! Die meisten anderen Fahrgeschäfte sind wie überall: Kinderkarussell, Wurfbude, Riesenrad, ja selbst die Wilde Maus. Wie Kirmes in Oberkassel!


In der Lobby des "Grandstand" gibt's endlich auch ein Bier! Allerdings nur "Budweiser" im Plastikbecher, zum Schnäppchenpreis von 7,50 $! Und, völlig überraschend, nur gegen Bargeld! Hoffentlich reichen unsere 70 Dollar Bargeld!


Kurz nachdem wir unsere Plätze eingenommen haben, geht’s auch schon los. Die "Calgary Stampede Showband" heizt die Zuschauer vor. Wie in Nordamerika üblich, eine merkwürdige Mischung aus militärischer Marschformation und ungeordnet wirkendem Chaos, heroischen Marschklängen und Rock'n'Roll und Pop. Begleitet von Cheerleadern mit martialischen Holzgewehren, an Stelle von Tambour-Stöcken.
Aber finden Außenstehende nicht auch die Riten der "roten Funken" merkwürdig? "Funke opjepass - De Knabbüß ... gereuz"!
Nach der Showband nimmt auf der leeren Bühne, auf eilends herbei geschafften Stühlen, eine illustre Gruppe aus echten Mounties und Pseudo-Cowboys Platz. Blickrichtung Arena. Die Parade der berittenen Royal Canadian Mounted Police wird mit militärischem Zeremoniell abgenommen. Gut 30 Mounties in feurig roten Uniformen, auf pechschwarzen Pferden, führen ein beeindruckendes musikalisch untermaltes Ballet vor.


Jetzt ist noch die Nationalhymne fällig. Das ganze Stadion erhebt sich ehrfürchtig und lauscht dem Sänger (Jason Greeley: Super-Stimme!) und stimmt zum Ende begeistert ein. "Oh Canada!"
Zum Schluss noch eine Salve Feuerwerksböller vom Stadiondach – und es geht los!

"Bronco Saddelback Riding" - mit Sattel, "Bronco Bareback Riding" - ohne Sattel, auf wild bockenden Mustangs.
"Barrel Racing": Die Damendisziplin - Fässer-Slalom im gestreckten Galopp auf Zeit.
"Tie-Down-Roping": Ein Kalb aus vollem Galopp mit dem Lasso gefangen und an den Beinen fesseln. Natürlich auf Zeit!
"Steer Wrestling" - nennen wir es doch einfach mal "Kühe umschubsen". Der berittene Cowboy und ein Stier jagen zeitgleich los, der Cowboy hechtet vom Pferd auf den Stier und wirft den Stier um! Fertig! Wer länger als 4 ½ Sekunden benötigt, braucht gar nicht erst zu starten! Manchem Cowboy rennt der Stier aber sogar uneinholbar davon!
Und endlich, als Höhepunkt, das "Bull Riding"! Eindeutig die Lieblingsdisziplin des Publikums. Da  kocht die Rodeo-Seele!
Zwischendurch die eine oder andere Siegerehrung, mal für einen Cowboy, mal für ein Pferd.

Neben Uwe sitz tein Szenekenner! Mit jedem Bier wird der gesprächiger!
"Das ist das berühmteste Pferd allerzeiten. Damit haben alle Cowboys zusammen schon über eine Million Dollar gewonnen!" - "Das ist der wildeste Bulle allerzeiten!" - "Das ist die berühmteste Barrel-Racing Reiterin! In Kanda so berühmt wie Michael Schumacher in Deutschland!" - "Der Rodeo-Clown ist der witzigste auf der Welt!" Der Szenekenner schüttet sich aus vor Lachen, wir finden dessen Witze á la <Kommt 'ne Frau beim Arzt ...> allerdings überhaupt nicht witzig! - "Nur in Las Vegas gibt's ein annähernd gutes Rodeo!" - "Rülps!".
Uwe flüstert: "So langsam wird der lästig!!!" 
Das Rodeo nähert sich mit einem "niedlichen" Kinder-Rodeo dem Ende. Viele Zuschauer verlassen bereits das Stadion, während in der Arena noch 3er-Gruppen von Cowboy-Kids versuchen ihre dackelgroßen Mini-Pferde einzufangen und zu reiten. Meistens werden die Kids jedoch von den Pferden durch die halbe Arena geschleift. Und das(!) finden wir allemale lustiger als die platten Witze vom Rodeo-Clown!

Wir brechen auf! Uwe's Rodeo-Fachmann lässt sich nicht nehmen, ihn per Handschlag zu verabschieden! 
Noch ein wenig Kirmes-Bummel. Und der Besuch der Landwirtschaftsausstellung! Monströse belgische Kaltblutpferde und ihre historischen Bierwagen. Landwirtschaftliche Museumsstücke bei der Arbeit werden vorgeführt: Traktoren, Ackergeräte, Fuhrwerke.
Gigantische "Herford" Zuchtbullen und ihre Medaillen in ihren Boxen! Gut, dass die Gatter einen stabilen Eindruck machen! Auf Tuchfühlung möchten wir da nicht gehen! Diese Monster haben wenig mit unseren schwarzbunten Holsteiner Milchkühen zu tun.
Der Besuch im Indianer-/"First Nations"-Dorf ist nicht so sehr unser Fall. Viele Wigwams, manche kann man auch innen besichtigen. Einige Tänze werden vorgeführt und ihre mystische Bedeutung erklärt. Die Indianer sind echt! Aber die Indianertrachten sehen alle irgendwie ein bisschen zu bunt und unecht aus. Türkis -farbene Federn sollen authentisch sein? Vielleicht sind wir aber auch inzwischen nur ein wenig zu müde oder übersättigt!
  
Wir versuchen in der großen Fresshalle noch etwas zu essen und zu trinken zu bekommen. Aber vor jedem Stand sind lange, lange, lange Schlangen! Da fahren wir doch lieber nach "Downtown" und suchen uns ein gemütliches Restaurant und eine nette Kneipe für ein paar Absacker!  
Im "Trib-Steakhouse" finden wir ein sehr gutes (wenn auch nicht gerade billiges) dry-aged Steak. Noch ein paar Absacker im "Original Joe's", ein gemütlicher Pub mit Livemusik und vier hauseigenem Biersorten. Die Zapfhähne für die hauseigenen Biersorten sind besonders originell dekoriert:
Eine Blondine hockt auf dem Pilsener-Zapfhahn, eine Brünette auf dem Brown Ale, eine Rothaarige für's Red Ale. Und ist der Zapfahn für's Weizen der Marke "Haus Frau" nicht besonders chic? 
So langsam merken wir, wie uns der Tag geschlaucht hat. Das Feuerwerk wird auch heute Nacht, ohne uns stattfinden müssen!

So long,

Yeehaw from Mounty-County
Uwe und Frank

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